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Ich bin jedes Mal stolz, dass wir das so gut schaffen!

Mitglieder der Landessynode ziehen überwiegend positive Bilanz

Bildungsvielfalt, eine Arbeitszeitregelung für Pfarrer:innen, eine Stellungnahme zum Braunkohle-Tagebau und die Solidarität mit der Protestbewegung im Iran – das waren einige Themen, mit denen sich die Landessynode, das Kirchenparlament und oberste Leitungsgremium der Evangelischen Kirche im Rheinland, auf ihrer 76. ordentlichen Tagung vom 15. bis 20. Januar in Düsseldorf beschäftigt hat. Essener Mitglieder der Landessynode – von der Kreissynode gewählte Synodale, aber auch Superintendentin Marion Greve und Helga Siemens-Weibring, nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung – haben uns ihre spontanen, überwiegend sehr positiven Resümees geschickt. Allen wichtig war der Umstand, endlich wieder – nach fast drei Corona-Jahren – wieder in Präsenz zu tagen. Auch die starke Gemeinschaft - sowohl der Landessynode als auch der Mitglieder aus dem Kirchenkreis - wurde gelobt. Einen wichtigen Wunsch für kommende Tagungen gab es am Ende aber doch.

ULRIKE BAUZA, KIRCHMEISTERIN:

Wieder in Präsenz tagen zu können war für mich wichtig, weil ich wieder Menschen vor mir hatte – und keine Bildchen oder gar schwarze Kacheln. Ich konnte mich wieder ganz auf Synode konzentrieren, war raus aus dem üblichen Alltag zuhause. Das Miteinander war überwiegend erfreulich. Die Essener Synodalen sind eine angenehme Gemeinschaft! Das Politische Nachtgebet zur Lage im Iran hat mich sehr bewegt.

Thematisch waren die Beschlüsse zu Kirchenordnung und zum Kirchenorganisationsgesetz wichtig. Für die Zukunft der Gemeinden haben die Diskussion und der Beschluss zur Arbeitszeit der Pfarrpersonen eine große Bedeutung. Stellungnahmen zu aktuellen Themen wie Armut, Krieg und Tagebau wurden in den Ausschüssen intensiv diskutiert und vorbereitet und konnten im Plenum mit großen Mehrheiten und ohne Streit verabschiedet werden. Die Berichte und Vorlagen des Finanzausschusses haben wir das ganze Jahr hindurch gut vorbereitet, so dass es auch hier keine großen Diskussionen gab.

Die Präsentationen zu unserer kirchlichen Bildungsarbeit, dem Schwerpunktthema, waren sehr eindrucksvoll. Der Beitrag unseres Evangelischen Kindertagesstättenverbandes Essen hat offensichtlich viele Synodale inspiriert – so wurde es mir hinterher einhellig berichtet.

THOMAS CASPERS-LAGOUDIS, MITGLIED DES KREISSYNODALVORSTANDES:

Es bedeutete mir sehr viel, wieder in Präsenz zu tagen. Eine Synode lebt von der Gemeinschaft, vom gemeinsamen Erleben, Diskutieren und Streiten. Dies wieder real zu erleben, hat mit gutgetan. Dass wir auch wieder gemeinsam gesungen haben, das war schön.

Besonders bewegt haben mich zwei Momente. Die Berichte zweier junger Frauen über ihre Flucht haben mich sehr nachdenklich gemacht. Wie gehen wir in Europa mit Menschen auf der Flucht um? Aber es zeigte mir auch, wie stark Menschen sein können.

Das Politische Nachgebet zur Protestbewegung im Iran war sehr wichtig und emotional. Wir müssen für die Menschen im Iran, die nach Gerechtigkeit und Freiheit streben, laut unsere Stimme erheben: #Frauen.Leben.Freiheit!

JULIANE GAYK, PFARRERIN:

Ich hatte es schon vermutet, und es war dann auch so – meine erste Landessynode in Präsenz war völlig anders als die Synoden in digitaler Form. Es war für mich ganz besonders ermutigend, so viele tolle Menschen in unserer Landeskirche live kennen zu lernen! Mit ihnen gemeinsam zu diskutieren, darum zu ringen, was konkret für uns als Kirche unser Auftrag in dieser Zeit ist und wie wir selbst uns gestalten wollen – das war oft anstrengend, aber ich habe auch sehr viel gelernt und freue mich über – wie ich finde – wirklich viele relevante Statements und Beschlüsse.

Für mich persönlich sind besonders die Statements zum Braunkohle-Moratorium, zum Iran und zu den Geflüchteten an den EU-Außengrenzen wichtig. Dadurch, dass wir uns als Kirchen entschieden äußern, uns solidarisieren und entsprechend handeln, wird das Reich Gottes in dieser Welt sichtbar.

Wenn ich mich im Plenarsaal umblickte, wurde mir allerdings auch deutlich, wie wenig divers wir als Kirche sind und wie viel wir noch im Bereich Diskriminierungs-Sensibilität lernen können. Wir sagen oft, dass alle willkommen sind, aber dass das nicht so stimmt, bildet unsere Synode leider ab. Damit setzt sich besonders die Jugend unserer Landeskirche schon intensiv und kritisch auseinander.

Ganz praktisch wird mir die Landessynode durch den Beschluss zu den Arbeitszeiten im Pfarrdienst in Erinnerung bleiben, denn jetzt habe ich jetzt als Pfarrerin eine bessere Grundlage, auf meine Überlastungsgrenzen zu achten und meine Arbeit zu fokussieren.

Was auch bleiben wird ist die Erinnerung an die Kraft des gemeinsamen Gebets: gemeinsame Andachten und Impulse und ganz besonders das politische Nachtgebet für den Iran haben mich bewegt, aufgerüttelt und getröstet.

MARION GREVE, SUPERINTENDENTIN:

Es tat gut und hat mich gestärkt, dass wir uns als Landessynodale wieder in Präsenz erlebt haben. Ich bin seit 16 Jahren Landessynodale und habe es in den letzten zwei Jahren vermisst, in den Austausch zu kommen und zu teilen, was uns bewegt. Als besonders stärkend habe ich die geistlichen Impulse zum Themenschwerpunkt Bildung, die Andachten und das gemeinsame Singen empfunden. Manche Botschaft habe ich weiter im Ohr: Wir sind mehr als Moleküle, weil wir lachen und vergeben – weil wir Menschen sind!

Ebenso beeindruckt hat mich die berührende Andacht in Solidarität mit den Menschen im Iran: #Frauen.Leben.Freiheit! Die eindringlichen Worte von Shabnam Arzt und die Musik von Schirin Partowi gingen unter die Haut.

Mich hat unsere evangelische DNA wieder einmal überzeugt: selbst bei strittigen Themen – etwa beim Initiativantrag für ein Moratorium in Lützerath oder bei der Einführung der 41-Stunden-Arbeitszeitregelung für Pfarrer:innen – schaffen wir es als Synode, unsere unterschiedlichen Standpunkte erst in den Ausschüssen intensiv zu diskutieren und sie dann doch gemeinsam in das Plenum einzubringen. Wir setzen uns einander aus – streiten – halten die Unterschiedlichkeit aus – und finden zu gemeinsamen Beschlüssen: mal als klares gemeinsames Statement, mal als Schuldeingeständnis, mal als Formulierung, dass an diesem Punkt weitergearbeitet werden muss. Ich bin jedes Mal stolz, dass wir das so gut schaffen!

HELGA SIEMENS-WEIBRING, NEBENAMTLICHES MITGLIED DER KIRCHENLEITUNG:

Ich habe mich sehr gefreut, die Synodalen nach so langer Zeit wieder persönlich zu sehen. Das Synodengefühl ist ein ganz anderes. Wir erleben uns als Kirche gemeinsam intensiver. Das gilt auch für das Schwerpunktthema: Unsere vielfältige Bildungslandschaft zu sehen, war spannend! Das politische Nachtgebet am Mittwoch fand ich sehr bewegend. Solidarität mit den Menschen im Iran ist so wichtig.

Wir haben viele wichtige Diskussionen geführt und Beschlüsse gefasst – zum Beispiel zum Klimaschutz, zu den Themen Energie und Armut, zur Flüchtlingssituation an den Außengrenzen der Europäischen Union. Die Änderung der Kirchenordnung und der Beschluss zur Pfarrdienst-Arbeitszeit werden direkte Auswirkungen auf die Gemeinde haben.

Nicht zu vergessen: Das wunderbare Miteinander der Essener Synodalen. Wir sind ein tolles Team!

ZOE STELZNER, EVANGELISCHE JUGEND ESSEN:

Für mich war es ein spannendes Erlebnis, die Landessynode zum ersten Mal in Präsenz zu erleben. Es war hilfreich, die Erfahrungen und Expertisen der anderen Synodalen zu hören und in konstruktiven Auseinandersetzungen an wichtigen Beschlüssen zu arbeiten. Auch wenn ich die Beratungen teilweise als sehr kräftezehrend empfand, bin ich froh, dass viele Prozesse zu guten Ergebnissen geführt haben.

Besonders freut es mich, dass der Beschluss zur Forderung eines Moratoriums zur Kohleförderung in Lützerath mit einer großen Mehrheit getroffen wurde. Sehr bewegt hat mich auch das Politische Nachtgebet zur Solidarisierung mit der Protestbewegung im Iran.

Für zukünftige Landessynoden wünsche ich mir aber, dass wir es schaffen, noch inklusiver zu werden. Ich finde die Arbeit der Landdessynode ist sprachlich auf einem sehr hohen Niveau und es wird manchmal nur aus wenigen Perspektiven heraus gedacht. In meinen Augen müssen wir noch deutlich diverser werden und viel mehr auf Stimmen hören, die jetzt noch zu leise sind. Zudem empfand ich manche Worte als grenzüberschreitend und hoffe, dass wir zukünftig in unseren kirchlichen Debatten mehr auf die Wirkung unserer Sprache achten.

Titelbild mit den Essener Synodalen und Superintendentin Marion Greve: EKiR/Hans-Jürgen Bauer.

 

 

 

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