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Aufruf zu Stille und Gebet

Superintendentin und Präses erschüttert über ForuM-Studie

(Essen, 27.01.2024) Nach der Veröffentlichung der bundesweiten ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt in Evangelischer Kirche und Diakonie hat die Essener Superintendentin Marion Greve alle Kirchengemeinden, Dienste und Einrichtungen darum gebeten, das Thema Aufarbeitung und Prävention in Abkündigungen, Fürbitten oder anderen gemeindlichen Veranstaltungen aufzugreifen. Der rheinische Präses hat am Samstag ein gottesdienstliches Wort und einen Vorschlag für ein Gebet mit einem Moment der Stille an alle Pfarrerinnen geschickt.

SUPERINTENDENTIN MARION GREVE ZUR FORUM-STUDIE

„Wir alle sind erschüttert und beschämt angesichts der Gewalt, die von unserer Kirche ausgeht – und stehen in der Verantwortung, das Leid der Betroffenen wahrzunehmen und mit auszuhalten“, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche in Essen in einem Schreiben an die Pfarrerinnen und Pfarrer, die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Presbyterien und alle Einrichtungen und Dienste.

„In der Leitung des Kirchenkreises und im Arbeitskreis zur Prävention sexualisierter Gewalt werden wir die Studie in Ruhe analysieren und unsere eigene Haltung und unsere Strukturen kritisch hinterfragen.“ Eine Einladung zu einem Austausch und Gespräch mit allen Pfarrerinnen und Pfarrern, den Beauftragten für Prävention in den Gemeinden und weiteren Multiplikatoren werde in Kürze folgen.

Das nachfolgende gottesdienstliche Wort mit einem Vorschlag für ein Gebet und einen Moment der Stille im Gottesdienst hat der rheinische Präses am Samstag an alle Pfarrerinnen und Pfarrer versendet:

GOTTESDIENSTLICHES WORT VON PRÄSES DR. THORSTEN LATZEL

Liebe Geschwister, am Donnerstag, 25. Januar, wurden die Ergebnisse der ForuM-Studie veröffentlicht. Sie bietet eine eingehende Analyse zu sexualisierter Gewalt in unserer Kirche und Diakonie, zu den Strukturen und Bedingungen, die sie begünstigen. Das Leid der Betroffenen, die Anzahl der Fälle und das institutionelle Versagen sind erschütternd. Wie viele andere fühle ich Entsetzen, Ärger und tiefe Scham angesichts dessen, was Menschen in unseren Gemeinden und Einrichtungen erleiden mussten. Als Betroffene Hilfe und Aufklärung suchten, stießen sie in unserer Kirche zu lange und zu oft auf taube Ohren – und sie erfahren dies noch immer: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Als Evangelische Kirche sind wir unserem eigenen Anspruch im Umgang mit Betroffenen nicht gerecht geworden. Sexualisierte Gewalt gehört zur Schuld unserer Evangelischen Kirche. Es braucht ein Hören auf die Betroffenen und darauf, was wir aus der Studie lernen können. Aufarbeitung ist die Voraussetzung, um sexualisierter Gewalt wirksam vorzubeugen. Betroffene haben ein Anrecht darauf. Und sie ist ein dauerhafter Prozess, den wir weiter verfolgen – ohne jedes Ansehen von Person und Institution.

Die Landessynode hat in ihrer Tagung vor anderthalb Wochen ihren klaren Willen bekundet, sexualisierte Gewalt in unserer Kirche klar und konsequent zu begegnen. Als Präses bitte ich Sie daher: Sprechen Sie das Thema offen an. Hören Sie Betroffenen zu. Helfen Sie aufzuklären und vorzubeugen.

Zugleich möchte ich Sie bitten, gemeinsam in Stille und Gebet das Leid der Betroffenen vor Gott zu bringen.

Dr. Thorsten Latzel, Präses

EINE MINUTE DER STILLE UND FÜRBITTE

Gott, Du siehst das Leid und Unrecht, das Menschen erleiden mussten: in unseren Gemeinden, in unseren Einrichtungen, in unserer Kirche. Du weißt auch, wie oft ihnen nicht zugehört oder geglaubt wurde.
Wir bitten dich für alle, die sexualisierte Gewalt erleiden mussten:

Lindere die tiefen Verletzungen ihrer Seele. Lass sie offene Ohren und Hilfe finden. Stell ihnen Menschen an die Seite, die sie begleiten und stärken. Und lass uns selbst solche Menschen für andere sein.

Wir bitten dich für unsere Kirche und unsere Gemeinden: Mach ein Ende mit allem Wegsehen und nicht Wahrhaben wollen. Schenk uns den Mut, aufzuklären, nachzufragen, vorzubeugen. Nur die Wahrheit wird uns freimachen.

Gott, hilf uns einzukehren, um umzukehren. Vergib uns, wo wir Betroffenen nicht gerecht geworden sind. Schenk uns deinen Geist der Wahrheit und mach uns frei von den falschen Idealbildern von uns selbst. Das bitten wir dich durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Bruder und Herrn.

Amen.

 

 

 

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