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Für die Nächstenliebe braucht Gott dich und mich
Essener Reformationsfeier stand ganz im Zeichen der Diakonie
Mit einer festlichen Reformationsfeier in der Kreuzeskirche am Weberplatz haben mehrere hundert evangelische Christinnen und Christen am Dienstagabend den stimmungsvollen Abschluss des Jubiläumsjahres „#AUSLIEBE – 100 Jahre Diakonie in Essen“ gefeiert. Neben vielen Gästen aus Politik, Kirchen, Kultur und öffentlicher Verwaltung waren auch zahlreiche Mitarbeitende aus diakonischen Einrichtungen der Einladung gefolgt, die Jubiläumsveranstaltungen der vergangenen zwölf Monate noch einmal Revue passieren zu lassen und sich zu vergewissern, warum die Diakonie eine so elementare wie kraftvolle Lebensäußerung der Evangelischen Kirche darstellt.
Im Mittelpunkt des Gottesdienstes standen Statements, die in Form von Fotoclips eingespielt wurden: In berührenden Worten berichteten Mitarbeitende aus verschiedenen diakonischen Arbeitsfeldern darüber, was sie für ihren Dienst motiviert, in einer zweiten Serie erzählten Nutzerinnen und Nutzer diakonischer Angebote von ihren Erfahrungen:
Die Predigt hielt der Essener Diakoniepfarrer Andreas Müller unter dem biblischen Motto „Die Ernte ist groß“ (Matthäus 9,35-10,1): Helfen sei kein Alleinstellungmerkmal der Kirche und ihrer Diakonie, sagte der Theologe in seiner Ansprache; vielmehr sei das Helfen im Laufe der christlichen Wirkungsgeschichte in Europa zum Allgemeingut geworden. „Und das ist gut so! Denn Helfen ist eine zutiefst menschliche Fähigkeit, keine ausschließlich christliche oder religiöse Handlung“, erklärte Andreas Müller.
HELFEN IST KENNZEICHEN DES CHRISTENTUMS
Umgekehrt aber gehöre das Helfen zum Christsein als Kennzeichen hinzu, in welcher Form es auch immer gelebt werde: „In der helfenden Begegnung zweier Menschen kann mehr passieren, als sich in Worten erklären lässt… In der Antwort auf die drängende Not und in der Hilfe, die geleistet wird, scheint etwas von Gott auf. Nächstenliebe ist offen für die Erfahrung Gottes im anderen.“ Ob das diakonische Handeln dabei einfach „menschlich getan“ oder „religiös aufgeladen“ ist, sei dabei von untergeordneter Bedeutung: „Es muss nur gut getan werden.“ In der „Freiheit einen Christenmenschen“ könnten wir unseren Nächsten lieben, ohne durch unser Tun etwas vor Gott erreichen zu müssen oder überhaupt zu können: „Das ist doch auch eine befreiende Botschaft, nicht nur für Christenmenschen. Und nebenher ein wichtiger inhaltlicher Beitrag für das Sozialsystem in unserem Land.“
In seiner Predigt sparte Andreas Müller auch die „dunklen Seiten“ der Diakonie nicht aus – mit ihnen sei zu rechnen und umzugehen, unbedingt müsse aus Fehlern gelernt werden. Auch die aktuellen Herausforderungen waren Thema: Die hohe finanzielle Belastung der Träger rufe Insolvenzen im Pflegebereich und bei Krankenhäusern in „zuvor unbekannten Größenordnungen“ hervor, Mitarbeitende gerieten an ihre Grenzen und Einrichtungen müssten Angebote einschränken, auch wegen des akuten Fachkräftemangels.
DAS EVANGELIUM HILFT GEGEN DIE RESIGNATION
Doch gerade in schwierigen Zeiten helfe Christinnen und Christen ein Blick auf das Evangelium gegen die drohende Resignation. Jesus sehe Menschen in ihrer Einzigartigkeit an, mit der Gott sie ausgestattet habe: „Da geht noch etwas. Gott hat mit ihnen noch etwas vor. Er gibt sie nicht auf. Nie. Niemanden.“ Wie schnell stünden wir in der Gefahr zu sagen: Ach, das bringt nichts. Das geht nicht. Jesus dagegen sehe dieselben Menschen an und richte sein Augenmerk auf den Ertrag der Arbeit, seiner Zuwendung: Die Ernte ist groß. Wir seien wir eben nicht als Weltretter gefragt, sondern als Arbeiterinnen und Arbeiter auf Gottes Land: „Das rückt die Perspektive zurecht und macht demütig.“
Somit gebe es viel zu danken für das, was in mehr als 100 Jahren in der Essener Diakonie im Zusammenspiel mit vielen anderen möglich geworden sei. „Ja, es gibt viel zu tun. Gott braucht Menschen wie dich und mich, um in seinem Sinn Nächstenliebe zu üben und Menschen zu helfen. Tun wir das uns Mögliche dazu und verlassen und noch mehr auf den, dessen Liebe uns alle trägt - #AUSLIEBE.“
DIAKONIELIED FEIERTE PREMIERE
Die liturgische Leitung des Gottesdienstes hatte Assessorin Monika Kindsgrab; für die musikalische Gestaltung sorgten das Vokalensemble Vollklang unter der Leitung des Essener Kreiskantors und Organisten Thomas Rudolph und die BE-Sound-Band des Bistums Essen. Deren Leiterin, Pop-Kantorin Lina Wittemeier, hatte eigens für den Gottesdienst das „Diakonielied – Aus Liebe“ komponiert – eine gelungene, emotionale Weltpremiere:
Im Anschluss an den Gottesdienst bot ein Get-Together die Gelegenheit, den Abend mit einem Imbiss des Diakonie-Restaurants Church und guten Gesprächen ausklingen zu lassen.
HINTERGRUND: DAS JUBILÄUMSJAHR DER DIAKONIE IN ESSEN
Die Liste der Veranstaltungen, die sich unter dem Motto „#AUSLIEBE – 100 Jahre Diakonie in Essen“ durch das Jubiläumsjahr zogen und auf die im Gottesdienst zurückgeblickt wurde, ist lang – auf dem Programm standen mehrere Diakoniegottesdienste in Essener Kirchengemeinden, Tagungen und Vorträge, zwei Bürger*innen-Gespräche, Ausstellungen, ein Rundgang zu Orten diakonischer Arbeit, die Präsentation diakonischer Einrichtungen beim Stadtfest „Essen Original“, ein Tag der Seelsorge in der Marktkirche und ein Umwelt- und Schöpfungstag in allen evangelischen Kindertagesstätten, eine große Azubi-Party, die gemeinsame Beteiligung am Firmenlauf, eine Reihe mit Videoclips zu „diakonischen Kraftorten“, die erste diakonische Stellenbörse in Essen und nicht zuletzt die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Festschrift. Nach dem Ende des Gottesdienstes lud eine Fotoschau dazu ein, auf viele dieser Veranstaltungen zurückzublicken.
HINTERGRUND: DIE DIAKONIE IN ESSEN
In Essen ist die Diakonie seit 1922 als Wohlfahrtsverband organisiert; heute unterstützt und begleitet das Diakonische Werk des Kirchenkreises Essen die Arbeit der 26 Kirchengemeinden, Verbände und des Kirchenkreises sowie fast fünfzig weiterer freier diakonischer Träger in unserer Stadt. In den vielfältigen Arbeitsbereichen der Diakonie in Essen arbeiten rund 9.200 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; mehrere Tausend engagieren sich ehrenamtlich.
An über 250 Standorten beraten, unterstützen und betreuen sie täglich eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern jeglichen Alters, unabhängig von deren Religion, Nationalität oder sozialem Status. Dabei wird in vielen Arbeitsfeldern großer Wert auf die seelsorgliche Begleitung gelegt. Die Essener Diakonie beteiligt sich an der öffentlichen Willensbildung und leistet einen deutlichen Beitrag zu einer gerechten, solidarischen und inklusiven Stadtgesellschaft.
Unser Titelbild zeigt v.li.n.re.: Oberbürgermeister Thomas Kufen, Assessorin Monika Kindsgrab, Superintendentin Marion Greve, Diakoniepfarrer Andreas Müller.
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